Soligruppe INGA Kennenlernen // Get to know Soligruppe INGA

Du hast gerade erst von uns gehört oder schon länger mal überlegt, bei uns mitzumachen? Du interessierst dich für das Thema Abschiebungen und Abschiebehaft, möchtest mehr über den Knast in Ingelheim erfahren oder einfach mal mit uns quatschen? Komm gerne zu unserem offenen Kennenlernentreffen am Mittwoch, 18.06. in den Göthepark, sprich uns an (wir haben ein Banner) und trink einen Sekt (oder anderes Kaltgetränk ;)) mit uns! Wir freuen uns über neue Gesichter!

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Have you just heard about us or have you been thinking about joining us for a while? Are you interested in the topic of deportations and deoprtation detention would you like to find out more about the prison in Ingelheim or just have a chat with us? Come to our open meeting on Wednesday, 18.06. in the Göthepark, talk to us (we have a banner) and have a champagne (or other cold drink ;)) with us! We look forward to meeting new people!

Wir schauen hin: Eine Abschiebung wie so viele andere

„Wir müssen konsequenter abschieben.“ So oder so ähnlich lassen es Politiker*innen unterschiedlicher Parteien immer wieder verlauten.

Das Abschiebungen gewaltvolle Einschnitte in das Leben der Betroffenen bedeuten, rückt dabei immer weiter in den Hintergrund. Die folgende Geschichte, ist eine, wie sie zahlreich bundesweit vorkommt, die Ähnlichkeit zu vielen anderen Geschichten ist groß. Und doch geht es hier um das Leben einer echten Person.

Als Soligruppe INGA, die sich insbesondere für die Unterstützung von Menschen in Abschiebehaft und für die Stärkung der Rechte von Schutzsuchenden Menschen einsetzt, schauen wir genauer hin, auf die Geschichte eines Mannes der nach Deutschland kam um sich hier ein sicheres Leben aufzubauen.

Hamid kam 2023 nach Deutschland.

Asylantrag: Abgelehnt.

Die folgenden Jahre fokussierte sich sein Leben auf die Aufarbeitung traumatischer Erlebnisse, die ihm vor und während seiner Flucht widerfahren sind.

Während dieser Zeit ist er geduldet, eine Aufenthaltsperspektive gibt es für ihn so nicht.

Im April 2025 hat sich sein Gesundheitszustand so weit verbessert, dass er sich darum kümmern möchte. Mit Unterstützung einer Beratungsstelle der Caritas wird die Ausländerbehörde kontaktiert, um Informationen zu seinem aktuellen aufenthaltsrechtlichen Status, sowie zu einer möglichen Bleibeperspektive unter Berücksichtigung der laufenden Betreuung durch das Psychosoziale Zentrum zu erhalten.

Hamid wird zur Besprechung „seiner weiteren Perspektive und der Möglichkeit eine Arbeitserlaubnis zu erhalten“, zur Ausländerbehörde eingeladen.

Doch anstatt eines Gesprächs über Bleibeperspektiven erwartet ihn dort die Polizei – und verhaftet ihn. Seitdem sitzt Hamid in Abschiebehaft.

Er soll in wenigen Tagen nach Ägypten abgeschoben werden. Dort wird er politisch verfolgt. Ihm drohen Verhaftung und eine Gefängnisstrafe. Hamids gesundheitlicher Zustand ist schlecht und er benötigt dringend Unterstützung. Trotz der massiven Gefahr, der er in Ägypten ausgesetzt ist, wollen die deutschen Behörden Hamid abschieben.

Wir fordern: Hamid muss bleiben.

Schutzsuchende unter Vorwänden zu Terminen zu locken um sie dort zu verhaften, ist eine unmenschliche Praxis.

Während die deutsche Regierung immer neue Anti-Migrations-Gesetze beschließt, sagen wir: Bleibeperspektiven statt Abschottung – das Recht auf Asyl und ein Leben in Würde verteidigen!

*Um den Betroffenen zu schützen wurde sein Name geändert.

Gemeinsames Briefeschreiben an Gefangene in Abschiebehaft / Writing joint letters to detainees in deportation detention

// english version below// Die Soligruppe INGA lädt am Sonntag, 06.04.2025 um 16 Uhr ins KunStück ein, um gemeinsam Briefe an Gefangene im Ingelheimer Abschiebeknast zu schreiben. Es wird einen kleinen Input geben, was beim Briefe Schreiben ins Gefängnis wichtig und zu bedenken ist. Wir wollen uns vor allem auch gemeinsam Gedanken machen, wie wir die Briefe formulieren und gestalten können und über Abschiebehaft ins Gespräch kommen. Bringt gerne Stifte, Kleber, Schere, Rätsel, ausgedruckte Bilder, alte Magazine, Sticker, Glitzer usw. mit! Es wird Kaffee und Kuchen geben.

KunStück, Rochusstraße 22, Mainz

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The Soligruppe INGA invites you to KunStück on Sunday, April 6, 2025 at 4 p.m. to write letters to prisoners in the Ingelheim deportation prison together. There will be a short input on what is important to consider when writing letters to prison. Above all, we want to think together about how we can formulate and design the letters and talk about deportation detention. Feel free to bring pens, glue, scissors, puzzles, printed pictures, old magazines, stickers, glitter etc.! There will be coffee and cake.

KunStück, Rochusstraße 22, Mainz

Offener Brief zur Bundestagswahl 2025 // Open letter on the 2025 Bundestag election

// english version below //Die Soligruppe INGA schließt sich zusammen mit 70 weiteren Organisationen dem offenen Brief der Amnesty International Hochschulgruppe Mainz an.

Darin sind Forderungen enthalten, die unabdingbar für eine auf Menschenrechten beruhende Politik sind. So bedarf es unter anderem einer Wirtschaft für alle, konsequente antirassistische Maßnahmen, ein menschenwürdiges Asylrecht, die Reformierung des § 129 StGB, Gleichberechtigung aller und Maßnahmen gegen Gewalt an marginalisierten Gruppen, ein Ernstnehmen der Klimakatastrophe und nicht zuletzt die Anerkennung ehrenamtlichen Engagements.

Gemeinsam appellieren wir im Offenen Brief an die Wahlberechtigten, dass sie verantwortungsvoll mit ihrem aktiven Wahlrecht umgehen und sich aus sachlichen und verlässlichen Quellen informieren. Darüber hinaus betonen wir, dass bereits das Eintreten gegen Hass und Hetze im eigenen Umfeld ein Schritt für die Menschenrechte und für die Demokratie ist.

Ebenfalls appellieren wir an die Wahlkreiskandidierenden. Wir beobachten eine Entwicklung, die Diskriminierungen und menschenverachtende Positionen normalisiert.

Wir wählen die Menschenrechte und stellen die Frage an alle Wahlberechtigten: Und Ihr?

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Open letter on the 2025 Bundestag election

The solidarity group INGA joins 70 other organizations in the open letter of the Amnesty International University Group Mainz.

It contains demands that are indispensable for a policy based on human rights. These include an economy for all, consistent anti-racist measures, a humane asylum law, the reform of Section 129 of the German Criminal Code, equal rights for all and measures against violence against marginalized groups, taking the climate catastrophe seriously and, last but not least, the recognition of voluntary work.

In the open letter, we jointly appeal to eligible voters to exercise their right to vote responsibly and to obtain information from objective and reliable sources. We also emphasize that standing up against hatred and agitation in one’s own environment is already a step for human rights and democracy.

We also appeal to the constituency candidates. We are observing a development that normalizes discrimination and inhumane positions.

We vote for human rights and put the question to all eligible voters: And you?

“Vor dem Gesetz sind alle gleich. Nach dem Gesetz nicht mehr.”: Vortrag zum Thema Abschiebehaft mit Frank Gockel am 17.01.2025 im Infoladen Mainz

// english version below //Die Soligruppe Inga und der Flüchtlingsrat Rheinland-Pfalz laden euch herzlich zu unserem Vortragsabend zum Thema Abschiebehaft mit Frank Gockel am 17.01.2025 um 19:00 Uhr im Infoladen Ella Janecek (Zanggasse 12) in Mainz ein. 

“Vor dem Gesetz sind alle gleich. Nach dem Gesetz nicht mehr.”

Frank Gockel ist eine der Personen, die in Deutschland mit am meisten aus der Praxis der Abschiebehaft erzählen kann. Seit 30 Jahren ist er aktiv mit dem Verein “Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V”. In dieser Zeit hat er sich für ein Ende der Abschiebehaft eingesetzt, aber insbesondere auch für die solidarische Unterstützung von inhaftierten Menschen. Dadurch hat er ein reichhaltiges Spektrum an Erfahrungen darüber gesammelt, wie Amtsgerichte und Ausländerbehörden systematisch das Recht missachten. Zudem wird an Menschen, die von Abschiebehaft betroffen sind, grundsätzlich schon ein anderer rechtlicher Maßstab angelegt, als an Menschen, die mehr Glück mit ihrer Staatsbürgerschaft hatten.

Frank Gockel wird von seiner Unterstützungsarbeit und Erfahrungen mit Behörden und Gerichten erzählen. Kommt vorbei, wenn auch ihr euch (weiter) desillusionieren lassen wollt, was die rechtsstaatliche Praxis in diesem Land angeht.


English Version:

The Soligruppe INGA and the Refugee Council Rhineland-Palatinate cordially invite you to our lecture evening on the topic of deportation detention with Frank Gockel on January 17, 2025 at 7:00 p.m. in the Infoladen Ella Janecek (Zanggasse 12) in Mainz.

“Everyone is equal before the law. Not so after the law.”

Frank Gockel is one of the people in Germany with the most practical experience of deportation detention. He has been active with the association “Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.” for 30 years. During this time, he has campaigned for an end to deportation detention, but in particular for solidarity and support for people in detention. As a result, he has gained a wealth of experience of how local courts and immigration authorities systematically disregard the law. In addition, people who are subject to deportation detention are generally held to a different legal standard than people who have been more fortunate with their citizenship.

Frank Gockel will talk about his support work and experiences with authorities and courts. Come along if you too want to be (further) disillusioned about the practice of the rule of law in this country.

Kritik am SWR-Beitrag zum Ingelheimer Abschiebeknast vom 17.10.2024

Die Soligruppe INGA hat eine Rückmeldung und Kritik zu einem Beitrag der SWR-Sendung “Zur Sache Rheinlandpfalz”  vom 17.10.2024 geschrieben. Im Beitrag geht es um den Ingelheimer Abschiebeknast, er ist unter dem folgenden Link zu sehen: https://www.youtube.com/watch?v=kptyfCBRXTU. Die Kritik richtet sich vor allem an die verantwortlichen Redakteur*innen, weist gleichzeitig auf die Rolle der Medien in den aktuellen, häufig menschunwürdig geführten Diskursen hin.

Die Kritik kann gerne als offener Brief geteilt werden, um weitere Aufmerksamkeit zu erreichen.

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Guten Tag SWR-Redaktionsteam,

bezugnehmend auf Ihren Beitrag zum Ingelheimer Abschiebegefängnis in der Sendung „Zur Sache Rheinland-Pfalz“ vom 17. Oktober möchten wir Ihnen folgende Rückmeldung geben:

Irritierend ist zunächst, dass Sie Kontakt zu unserer Gruppe (der Soligruppe INGA) gesucht haben und auch mit dem Seelsorger der Diakonie, der im Ingelheimer Abschiebegefängnis arbeitet, gesprochen haben, in dem Beitrag selbst aber davon nichts zu sehen oder zu hören ist. Das ist nicht deshalb irritierend, weil wir es wichtig fänden, dass die Perspektive unserer Gruppe vertreten wäre, sondern aus dem Grund, dass sich im Beitrag tatsächlich kein einziges kritisches Wort zur menschenunwürdigen Abschiebehaftpraxis und eine solidarische Perspektive zum Leid der Inhaftierten findet. Stattdessen bietet das Stück eine Bühne für diejenigen Akteur*innen, die eine staatliche Perspektive auf das Thema ‚Abschiebungen‘ vertreten und reproduziert und verstärkt das derzeit allgegenwärtige Narrativ „Mehr Abschiebungen = mehr Sicherheit“. Das, was im Beitrag dargestellt und gesagt wird, ist zum Großteil nicht falsch, aber wer sich mit dem Wesen von gesellschaftlichen Diskursen und der Rolle von Medien in ihnen auseinandersetzt – und wir sind uns sicher, dass Sie das tun – dem sollte bewusst sein, dass die Art und Weise, wie über Personen gesprochen wird, auch eine Wirklichkeit erzeugt.

Wie in der Anmoderation richtig gesagt wird, sind im Ingelheimer Abschiebegefängnis „ausreisepflichtige Personen“ inhaftiert. Rätselhaft bleibt, warum der Fokus im nachfolgenden Beitrag dann ausschließlich auf Straftäter*innen gerichtet ist, wenn Ihnen bekannt sein müsste, dass diese nur einen Bruchteil der ausreisepflichtigen Personen in Abschiebehaft ausmachen. Die Zahl der Inhaftierten mit einem in der Vergangenheit liegenden strafrechtlichen Verfahren im Ingelheimer Abschiebegefängnis macht eine kleine Prozentzahl aus, auch wenn sie derzeit steigend ist. Das liegt allerdings nicht unbedingt daran, dass die Zahl der Straftäter*innen gestiegen ist, sondern, dass sich das Verfahren damit verändert hat. Straftätige Ausreisepflichtige haben bereits ihre Strafe in Strafhaft abgesessen und kommen dann in Abschiebehaft bevor sie abgeschoben werden. Dass es in Deutschland ein Verbot der Doppelbestrafung gibt und dass es daher unbedingt notwendig ist, darüber zu sprechen, dass dieses Verfahren allerdings genau das tut, haben Sie nicht erwähnt.

Außerdem ist die Zahl der Ausreisepflichtigen irreführend, wenn nicht erklärt wird, wie sie sich zusammenstellt. Menschen, die in Länder abgeschoben werden sollen, die einem Abschiebeverbot unterliegen, werden dennoch zur Zahl der Ausreisepflichtigen hinzugezählt. Das gilt zum Beispiel auch für Syrien. Ohne diese Information wird das Narrativ verstärkt, dass “zu viele” Ausreisepflichtige im Land seien, Abschiebungen “zu oft” scheitern würden und besonders, dass Betroffene daran Schuld hätten. Lässt man die Zahl der Ausreisepflichtigen, die in Länder abgeschoben werden sollen, die einem Abschiebeverbot unterliegen, sowie andere Gründe der nicht Abschiebbarkeit, wie: Mutterschutz, die Unmöglichkeit Reisedokumente zu beschaffen aufgrund mangelnder Kooperation mit Botschaften, Krankheiten, usw., weg, fällt die Zahl deutlich geringer (19,5% “ausreisepflichtig”) aus. Eine ausführliche Einordnung dazu finden Sie beim Mediendienst Integration: https://mediendienst-integration.de/migration/flucht-asyl/duldung.html .

Entscheidend für die öffentliche Meinungsbildung ist meist nicht, was tatsächlich passiert, sondern wie und in welchem Kontext es dargestellt wird. Damit meinen wir nicht, dass das Attentat von Solingen bedingungslos zu verurteilen ist und das Sprechen über Islamismus und davon ausgehende Gewalt unbestreitbar stattfinden muss. Was wir anklagen ist, dass die Migrations- und Asyldebatte „nach Solingen“ zur Brutstätte von (noch mehr) Hass und Hetze gegen Asylbewerber*innen und als migrantisch gelesenen Menschen geworden ist – und die mediale Darstellung daran einen maßgeblichen Anteil hat. Vereinfacht gesagt: Wenn nur oft genug die Begriffe „Solingen“, „Migranten“ und „Abschiebung“ nacheinander genannt werden, dann verfestigt sich der Eindruck, dass diese Themen unauflösbar miteinander verbunden seien. Ein ebenso erschreckendes wie deutliches Beispiel dafür,  wie ein solcher Diskurs aussehen kann, findet sich in der Kommentarspalte unter Ihrem Beitrag auf Youtube: “Ein Abschiebeministerium und 300.000 zusätzliche Abschiebeunterkünfte sind erforderlich. So könnte Olaf Scholz die angekündigte, umfangreiche Abschiebeoffensive realisieren. Doch in der aktuellen Situation ist dies nicht umsetzbar. Danke für das Video!​​​​​​​” ist da noch ein Kommentar der harmloseren Sorte.

Vielleicht wurde dieser Fokus in Ihrem Beitrag gesetzt, weil „das aus der Bevölkerung als Ansage“ kommt, wie es auch die Landrätin Bettina Dickes formuliert. Wir sehen es allerdings nicht als Teil des Bildungsauftrags der Öffentlich-Rechtlichen an, populistischen Forderungen nachzukommen, sondern vielmehr den Anspruch, als Korrektiv zu staatlichem Handeln zu funktionieren. Warum aber spielt dann Stefan Mollner, der Leiter der GfA Ingelheim, die Hauptrolle in ihrem Beitrag; führt uns durch die Zellen, erklärt uns, dass da ein Stuhl und ein Tisch und ein Fernseher mit 70 Kanälen steht? Warum kommen außerdem – abgesehen von den Äußerungen der Anwältin zum „Scheitern“ von Abschiebungen – nur ein Vertreter des Integrationsministeriums sowie die CDU-Landrätin Bettina Dickes zu Wort? Zwar haben wir keine radikale Kritik der deutschen Abschiebepraxis erwartet; dass aber kritische Perspektiven und vor allem Stimmen von betroffenen Menschen keinerlei Erwähnung finden, hat uns dann doch überrascht und empört gleichermaßen. Im Beitrag wird gesagt, dass Sie die Inhaftierten nicht zeigen oder mit ihnen sprechen dürfen. Mit etwas Recherche sollte es aber möglich gewesen sein, Betroffene oder Angehörige zu Wort kommen zu lassen – denn von ihnen gibt es zahlreiche. Der Flüchtlingsrat Rheinland-Pfalz zum Beispiel macht dazu sehr wichtige Arbeit. Zudem gibt es in einer Broschüre des ökumenischen Hilfswerk Beiträge, in denen Stimmen von Inhaftierten enthalten sind und auf die Sie Bezug hätten nehmen können (https://gefaengnisseelsorge.net/wp-content/uploads/2022/08/Broschuere21x21-11web-Neu.pdf).

Darüber hinaus gibt es weitere Kritikpunkte, die wir hier stichwortartig aufgeführt haben:

– “Ausnahmsweise darf hier eine Kamera rein” –> keine Kritik daran, dass es kaum öffentlichen Blick ins Gefängnis gibt, der Haftbedingungen überprüfen kann

– Was bedeuten Haftgründe? Laut Beitrag: “Menschen, die sich der Abschiebung entzogen haben oder vermutlich entziehen werden”. Was heißt das im Einzelfall? Wird so dargestellt, dass die “überlastete Ausländerbehörde” in Zusammenarbeit mit Gerichten keine andere Wahl hätte. Was ist mit Anwält*innen? Einem fairen Verfahren? Wegen Vermutungen von Behörden kommen Menschen ins Gefängnis – das müsste auf jeden Fall kritisch eingeordnet werden!

– Besondere Betonung auf Menschen, die in Einzelhaft auf geschlossenen Flur sind und “besonders problematischer Fall” Tarek J. Hier wird wieder der Fokus auf straffällige Asylbewerber*innen gelenkt und es entsteht der Eindruck, als wäre die Haft angemessen und ein legitimes Mittel zur Gewährleistung der Abschiebung.

– Abschiebungen sind nur in Kooperation des Staates, in den abgeschoben werden soll, möglich. Das bedeutet, dass deutsche Behörden im Falle von Afghanistan unter der Vermittlung von Katar, mit den Taliban zusammenarbeiten. Abschiebungen nach Afghanistan im Kontext des Beitrags über Abschiebeknast könnten nochmal mehr den Eindruck der Legitimität der Abschiebehaft erwecken, “einige werden direkt aus deutschen Gefängnissen abgeschoben” macht nicht ersichtlich, dass es sich bei Gefängnissen und Abschiebehaft um eigentlich zwei deutlich unterscheidbare Institutionen handeln sollte. Wir fragen uns, warum Sie das nicht kritisch eingeordnet haben?

– Die Gründe der Anwältin, weswegen Abschiebungen doch nicht durchgeführt werden können, werden wie Hindernisse aufgezählt. Dabei sind das Grundrechte, die jedem Menschen zustehen und die legitim sind.

– Etwa die Hälfte aller angefochtenen Abschiebehaft-Entscheidungen erweisen sich im Nachhinein als rechtswidrig. Eine Benennung dieses Missstands vermissen wir in fast allen Debatten über Abschiebehaft und so auch in Ihrem Beitrag. Entsprechende Quellen hatten wir Ihnen geschickt. 

– Die Aussage der Landrätin: ” … auch in Bezug auf das was sie [die Bundesregierung] aus der Bevölkerung als Ansage bekommen hat: Menschen, die hier Asylrecht haben, dürfen bleiben. Menschen, die es nicht haben, müssen abgeschoben werden.” Diese Aussage verdeutlicht, wie sich Politiker*innen aus der Verantwortung und ihren Entscheidungen ziehen wollen, denn wenn die Bevölkerung wirklich ein direktes Mitspracherecht in diesem Zusammenhang hätte, würden zivilgesellschaftliches Engagement für Bleiberecht von Personen erhört und Möglichkeiten geschaffen werden, dass Menschen bleiben können.

Wir haben Ihren Beitrag auch an die neuen deutschen Medienmacher*innen gesendet, die uns für Ihre Redaktion folgende Hinweise empfohlen haben: https://neuemedienmacher.de/wissen-tools/falschinformationen/. Dabei haben Sie insbesondere das Narrativ von “Migrant*innen sind ein ‘Sicherheitsrisiko’” bedient, das Sie durch die fehlende Einordnung der Abschiebehaft als Verwaltungsakt und nicht als Strafhaft verstärkt haben.

Wir hoffen, dass Sie sich diese Kritik zu Herzen nehmen und der nächste Beitrag nicht einfach nur rassistische Narrative bestärkt.

Soligruppe INGA

Abschiebehaft ersatzlos streichen! Gegen Entrechtung, Isolierung und (Re)Traumatisierung! Teilhabe statt Abschottung!

Am vergangenen Freitag, den 06.09., waren wir mit einer kleinen, aber lauten Demo in Ingelheim und haben den Abschiebeknast sichtbar gemacht. Warum wir da waren, erklären wir in unserer gemeinsamen Pressemittelung mit dem Flüchtlingsrat RLP, der Seebrücke Mainz udn dem Medinetz Mainz:
We are working on an english translation, which will follow soon!

Am Freitag, den 30.08., war der Tag gegen Abschiebehaft. Anlässlich der aktuellen Diskurse rund um Abschiebehaft wollen wir diesen Tag nutzen, um auf das Unrecht in deutschen
Abschiebegefängnissen, mit einem besonderen Fokus auf das Gefängnis in Ingelheim, aufmerksam zu machen.

Im Abschiebegefängnis in Ingelheim werden jährlich ca. 400 Menschen inhaftiert. Dies geschieht oft ohne Vorwarnung – dabei wissen die Menschen häufig nicht, wieso oder wie lange sie inhaftiert werden. Gefangene aus anderen Gefängnissen berichten immer wieder, dass sie nicht verstehen warum sie nun eingesperrt sind. Die Menschen werden dort nicht inhaftiert, weil sie eine Straftat begangen haben, sondern nur um die Abschiebung zu sichern. Darin liegt auch begründet, dass die Gefängnisse als “Gewahrsamseinrichtung” oder “Unterbringungseinrichtung” betitelt werden und Politiker*innen immer wieder von “Untergebrachten” und nicht Gefangenen sprechen. Dies sind Euphemismen, welche die Fantasie von: “Ist ja nicht so schlimm” ermöglichen sollen. Was dort aber passiert, ist das Einsperren von Menschen, nur um sie für Ausländerbehörden und Polizei verfügbar zu halten.

Es ist bekannt, dass Abschiebehaft Menschen (re)traumatisieren kann, sogar mit tödlichen Folgen. Immer wieder versuchen und nehmen sich Menschen in Abschiebehaft das Leben, oder sterben während, wie nach der Abschiebung. Allein für den Tag des 30.08. gibt es mehrere Beispiele: Kola Bankole wurde am 30.08.1994 auf einem Abschiebeflug durch den Bundesgrenzschutz mit einem Knebel im Mund erstickt. Rachid Sbaabi starb am 30.8.1999 in der Arrestzelle des Bürener Abschiebegefängnisses an einer Rauchvergiftung, da die Matratze in seiner Einzelzelle Feuer gefangen hatte. Trotz Betätigung des Alarms kamen die Polizisten erst nach 15 Minuten. Altankhou Dagwasoundels starb am 30.8.2000 beim Versuch, sich aus dem sechsten Stock des Krankenhauses Köpenick mit verknotetem Bettzeug abzuseilen. Er war nach vier Wochen in Abschiebehaft in das Krankenhaus eingeliefert worden. Sein Zimmer wurde von zwei Beamten bewacht. Viele weitere Fälle finden sich in der Dokumentation der Antirassistischen Initiative Berlin, welche minutiös die Toten deutscher Abschottungspolitik seit Jahrzehnten dokumentiert. Die psychologische Betreuung der Gefangenen in Ingelheim ist auf zwei Stunden die Woche veranschlagt – bei einer Haftanstalt mit 40 Plätzen! Auch die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter hat dies als weit unzureichend kritisiert.

Menschen in Abschiebehaft werden aus ihrem Umfeld gerissen, in Behörden oder auf der Arbeit
festgenommen, und weggesperrt – und dies oft zu Unrecht. In über der Hälfte der angefochtenen Fälle war die Haft rechtswidrig. Hier die Zahlen rechtswidriger Haft in Ingelheim: 2015: 53,8%; 2016: 52,3%; 2017: 45,6%; 2018: 44,6%; 2019: 55 %; 2020: 57,5 (Quelle: 20 Jahre ökumenisches Engagement in der Abschiebungshaft Ingelheim). Verlässliche Zahlen von staatlicher Seite gibt es nicht, da diese nicht erhoben werden. Wir fragen uns ob dies bei der hohen Anzahl rechtswidriger Haft bewusst geschieht? Getreu dem Motto: “Keine Zahlen, kein Problem.” Auch sucht mensch vergebens nach allgemeinen Zahlen zur Dauer oder Anzahl der Inhaftierungen, wie viele wieder frei gelassen werden mussten, nach Informationen zum Haftalltag, usw. Der Freiheitsentzug ist das schärfste Mittel eines Rechtsstaats, wird auf eine marginalisierte Gruppe hier angewandt und nirgendswo findet sich irgendeine Form von Rechenschaft darüber. Das kann nicht sein.

Auch wenn seit kurzem endlich ein*e Pflichtverteidiger*in in Abschiebehaftverfahren beigeordnet wird, so heißt dies nicht gleich, dass sich die Situation für Inhaftierte maßgeblich verbessert. Zumeinen gibt die gesetzliche Lage sehr weite Möglichkeiten Menschen einzusperren, um sie Abschiebung zu können; zum Anderen mehren sich die Berichte von Verteidiger*innen, die sich in dem Feld nicht auskennen oder einfach untätig sind. Um dann aus der Pflichtverteidigung heraus zu kommen ist mitunter schwierig und kostspielig. Das reine Bestellen einer anwaltlichen Vertretung löst also aus unserer Sicht nicht das grundsätzliche Problem Abschiebehaft.

Deutschland hat kein Vollzugs- oder Abschottungsdefizit, sondern ein Anerkennungsdefizit!
Anerkennung dafür, dass die Menschen die zu uns kommen ein Recht darauf haben hier zu bleiben – die bereinigte Schutzquote bei Asylanträgen liegt bei über 75%! Anerkennung dafür, dass die Menschen, die hier sind, Teil unserer Gesellschaft sind! Anerkennung dafür, dass Abschiebungen gesellschaftliche Probleme nicht lösen, sondern diese nur gemeinsam angegangen werden können! Anerkennung dafür, dass nur ein gemeinsamer Weg mehr Schutz für Alle schafft!

Für das Recht zu gehen und zu bleiben! Gemeinsam gegen Abschiebehaft! Für eine Gesellschaft der Teilhabe und Vielfalt!

Zu den Verfasser*innen:

INGA – Soligruppe gegen den Abschiebeknast Ingelheim

INGA will eine Gesellschaft, in der alle solidarisch miteinander umgehen. Eine Gesellschaft, in der sich Menschen gegenseitig unterstützen, aufeinander Rücksicht nehmen, Probleme gemeinsam angehen und lösen. Eine Gesellschaft, die alle einbezieht, an der alle teilhaben können und die Menschen nicht zu vermeintlich ‘Fremden’ macht und ausschließt. Für diese Gesellschaft kämpfen wir.
Anlässlich des Tages gegen Abschiebehaft wird es eine Demonstration in Ingelheim (Marktplatz, von da zum Abschiebegefängnis) um 16:30 Uhr geben. Das Abschiebegefängnis erzeugt Leid, ist politisch gewollt und der Vollzug findet viel zu oft im Verborgenen statt. Um miteinander ins Gespräch zu kommen, sowie Aufmerksamkeit und Bewusstsein für diese Form von institutionellem Rassismus zu schaffen, ruft INGA zur Demonstration gegen den Abschiebeknast in Ingelheim auf.

Flüchtlingsrat RLP e.V.

Der Flüchtlingsrat RLP e.V. ist eine Menschenrechtsorganisation, die sich mit Flüchtlingen und Migrant:innen solidarisiert und sich für die Rechte von Flüchtlingen und Migrant:innen stark macht. Der Flüchtlingsrat RLP e.V. fordert gleiche Rechte für alle, unabhängig von Herkunft, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung, Befähigung, gesellschaftlichem oder wirtschaftlichem Status. Der Flüchtlingsrat RLP e.V. arbeitet überparteilich. Mit Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Gesprächen mit der Politik unterstützt er die solidarische Flüchtlingsarbeit im Bundesland.

Seebrücke Mainz

Die Seebrücke ist eine politische Bewegung, getragen vorwiegend von Einzelpersonen aus der Zivilgesellschaft. Mit Demonstrationen und Protestaktionen auf dem Land und in der Stadt streiten wir mit unseren zahlreichen Lokalgruppen für eine solidarische und menschenrechtsbasierte Migrationspolitik – kurz: Weg von der Abschottung und hin zu Bewegungsfreiheit für alle Menschen!

Medinetz Mainz e.V.

Medinetz Mainz e.V. ist eine Anlaufstelle für Asylbewerberinnen, Migrantinnen und Menschen ohne Papiere, die in Mainz leben und keine Krankenversicherung haben. Medinetz Mainz arbeitenmit Ärztinnen, Laboren und Kliniken zusammen und vermitteln medizinische Behandlungen, Laboruntersuchungen und Schwangerschaftsvorsorge.

Unsere Veranstaltungsreihe im September / Our event series in September

Wir haben im September eine spannende Veranstaltungsreihe für euch geplant und starten nächsten Dienstag, den 03.09. mit dem Film “Deportation Class” um 20 Uhr im Haus Mainusch. Wenn ihr mögt, kommt gerne schon eher um 19 Uhr zur Küche für Alle!

Weiter geht es dann am Freitag, den 06.09. um 16:30 Uhr in Ingelheim aufm Markplatz (Sebastian-Münster-Platz), wo wir mit unserer Demo gegen Abschiebehaft starten und dann gemeinsam zum Abschiebeknast ziehen!

Am letzten Septemberwochenende dann haben wir je eine Lesung mit Sebastian Nitschke, Co-Autor des Buches “Die Würde des Menschen ist abschiebbar”, am Freitag in Ingelheim und am Samstag in Mainz organisiert.

Kommt vorbei und kommt mit uns ins Gespräch über die Realitäten deutscher Abschiebehaft. Wir freuen uns auf euch!

Gemeinsam gegen Abschiebehaft! Together against Deportation Detention!

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We have planned an exciting series of events for you in September, starting next Tuesday, September 3rd with the film “Deportation Class” at 8 pm in Haus Mainusch. If you like, you are welcome to come to the Kitchen for All at 7 pm!

We will continue on Friday, September 6th at 4:30 pm in Ingelheim on the market square (Sebastian-Münster-Platz), where we will start with our demonstration against deportation detention and then march together to the deportation prison!

On the last weekend of September, we have organized a reading with Sebastian Nitschke, co-author of the book “Die Würde des Menschen ist abschiebbar”, on Friday in Ingelheim and on Saturday in Mainz.

Come along and talk to us about the realities of German deportation detention. We look forward to seeing you!

Together against deportation detention!

Stay tuned for summer 2024

Wir planen gerade die nächsten Monate und haben ein paar spannende Veranstaltungen für euch in der Vorbereitung. Also tragt euch schon mal folgende Termine in die Kalender ein:

  • Am 20.06. findet ihr uns auf der Straße und mit einem Infostand anlässlich des “Tag des Flüchtlings”,
  • Am 30.08. werden wir beim Knast in Ingelheim laut, da dort der Tag gegen Abschiebehaft ist,
  • Am Wochenende des 27./28.09. organisieren wir eine Lesung zu Abschiebehaft mit Sebastian Nitschke
  • und dazwischen wird es auch noch das ein oder andere geben.

Wenn du Lust hast nicht nur zu den Veranstaltungen zu kommen, sondern dich mit uns gegen die Abschiebehaft in Ingelheim zu organisieren, komm gerne zu einem unserer Plena vorbei! Nächste Termine sind der 3.06. und 17.06. Den Ort geben wir vorher hier und bei Insta bekannt. Wir freuen uns auf dich!

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We are currently planning the next few months and have some exciting events in the pipeline for you. So make a note of the following dates in your diaries:

  • On 20 June you will find us on the street and with an information stand, since it is the international “Refugee Day”,
  • On 30 August we will be loud at the prison in Ingelheim, as this is the day against deportation detention,
  • On the weekend of 27/28 September we are organising a reading on deportation detention with Sebastian Nitschke
  • and there will also be one or two other events in between.

If you would like to not only come to the events, but also organise with us against deportation detention in Ingelheim, please come along to one of our meetings! The next dates are 3 June and 17 June. Where will be announced here and on Insta. We look forward to seeing you!